Leseproben

Der Lügnerin Schuld

Prolog

Ich höre die Möwen, wie sie schreien. Laut und fordernd, ohne Rücksicht. Aber warum sollten sie auch Rücksicht auf mich nehmen? Ihr einziger Anreiz ist die Suche nach Futter. Brötchen, Eis und Pommes, welche Touristen, ohne nachzudenken, hier am Strand hinschmeißen. Ahnungslos, was sie damit anrichten.

Wirklich ahnungslos - oder sollte ich eher sagen rücksichtslos?

Die Möwen, die Ratten des Meeres, sie werden immer mehr. Verdrängen andere Vogelarten. Stürzen sich auf alles, was sie irgendwie an Nahrung erinnert. Mehr als einmal passiert es, dass man Kinder schreien hört, weil wieder eine dieser Plagegeister ihnen das Eis im Sturzflug aus der Hand stiehlt.

Ich lebe in einer kleinen Stadt in Ostfriesland, nahe an der Küste, wo der Wind rau ist und die Menschen einfach. Nicht abgehoben, überkandidelt. Sie wollen nur ihr Leben in Ruhe genießen.

Ich bin hier aufgewachsen, kenne die Umgebung und liebte mein Leben. Meine Familie und meine Freunde waren ein Teil von mir, mit dem ich mein Glück teilte. Niemals dachte ich, es könnte eines Tages anders werden. Sah meine Zukunft in den schönsten Farben, stellte mir vor, wie sie sein würde, und rechnete nie damit, dass jemand diese Träume zerstören könnte.

Und doch fand dieser eine Mensch den Weg zu mir. Ich habe ihn nicht kommen sehen und er brachte Leid und Kummer mit sich. Er kam auf leisen Sohlen, verbreitete sich wie eine Seuche - und wie die Möwen vermehrte sich auch das Böse hier in unserem Ort. Es zog ein, ohne dass es jemand aufhalten konnte. 

Ich schaue ins Weite und sehe die Inseln in der Ferne. Ein wunderschöner Anblick, wie die Sonne langsam untergeht und im Meer versinkt. Wie ihre letzten Strahlen im Wasser glitzern und alles friedlich aussehen lässt.

Nur ich, ich störe dieses friedvolle Bild. Meine Kleidung ist zerrissen und von meinem einstigen langen Haar sind nur noch vereinzelte Büschel übrig. Mein Gesicht ist geschwollen und es scheint, dass meine Nase gebrochen ist. Doch ich spüre den körperlichen Schmerz nicht. Das, was ich innerlich fühle, der Schmerz in meiner Seele, er ist es, der mich zerstört. Ich bin ein Mädchen, das alles verloren hat. Das mit hoffnungslosen Augen, einen Fetzen Papier krampfhaft in der Hand haltend, auf das Meer hinausstarrt. Tränen, die ihr die Wangen herunterlaufen, auf den Zettel tropfen und die letzten Worte verschmieren, unleserlich machen. Allerdings ist es völlig gleichgültig, ob jemand sie später noch entziffern kann, denn mir haben sie sich für immer in den Verstand eingebrannt:

          Peter Fischer

          Jennifer Heit

          Diana Großer

          Antje Dörnbrack

          Jessica Kant

          Michaela Preuss

              Marlies Sommerfeld

              Olivia Brandt

                  Und an letzter Stelle mein eigener Name

                        Simone Fischer.

 

Ich kenne diese Namen zu gut. Sie bedeuteten einst die Welt für mich. Eine Welt, wie es sie niemals wieder für mich geben wird.

Dies ist nun meine Geschichte.

 

 

 

Malvadins Zauber Wusch


Das Inferno

 Dort, am Rande der Wiese, nahe den Bäumen, erhob sich ein Flammenmeer; qualvolle Schreie gellten aus ihm zu ihnen herüber. Wusch sah Menschen, die versuchten, dem Inferno zu entrinnen, aber sie kamen nicht weit! Kreaturen, wie Dragon, brachen aus dem Feuer hervor und töteten sie. Es war grausam für sie, es mit ansehen zu müssen und nichts dagegen tun zu können. Aber es sollte keinesfalls alles sein, das Schlimmste wartete noch auf Wusch.

Deutlich erkannte sie die Wesen, die jetzt aus der Feuersbrunst nach vorne stürmten. Athandran, Phiadora, Wolf, sie alle kämpften in dieser Hölle. Seite an Seite setzten sie sich zur Wehr und beschützten die Wenigen, die noch übrig blieben.

Doch die Übermacht des Feindes beendete die Schlacht und auch ihre Freunde fielen ihrem Gegner zum Opfer. Wusch wollte zu ihnen rennen, aber Zerza hielt sie zurück. So konnte sie nur weiter zusehen, wie zwischen unzähligen Toten zwei Gestalten auftauchten.

Niemals würde sie den Anblick Dragons vergessen, denn genau er stand triumphierend dort. Gemeinsam mit einer fremden Frau jubelte er und feierte seinen Sieg.

Die Frau, wunderschön anzusehen, wie ihre roten Haare sie umfluteten, reckte die Arme zum Himmel empor.

Worte, von ihr gesprochen, verhallten ungehört für Wusch. Aber als sie endete, konnte sie sehen, welche Auswirkung diese hatten.

Die Erde unter ihren Füßen durchfuhr ein Beben. Erst nur ein Zittern, steigerte es sich zu einer Erschütterung, die ganze Bäume umstürzen ließ. Wusch taumelte und um nicht den Halt zu verlieren, klammerte sie sich an Zerza. Mit aufgerissenen Augen registrierte sie, wie der Boden zu den Füßen der Frau aufbrach.

Ein Riss entstand auf der Erdoberfläche, und je weiter er wanderte, umso größer klaffte die Spalte auf. Die Welt öffnete gierig ihren Schlund.

Wehrlose Kämpfer des Guten verschlingend, alles in den Abgrund ziehend, kam sie Wusch und Zerza immer näher. Wie ein Dämon fraß sie alle, die tugendhaft und mit reinem Herzen ihr Leben verteidigten. Ein Krieger nach dem anderen fiel dem Rachen der Hölle zum Opfer, nur die Handlanger des Bösen blieben verschont.

Laut auflachend verließen Dragon und seine Gefährtin den Ort des Grauens. Sicher, ihr Werk vollbracht zu haben, hielt sie dort nichts mehr.

Wusch ahnte, was sie vorhatten, wohin sie gehen würden. Die beiden würden von Ort zu Ort weiterziehen, jede Stadt, jedes Land und jedes Lebewesen, das sich ihnen in den Weg stellte, auslöschen, das war ihr Plan.

Schnelle Bilder, die sich vor ihren Augen öffneten, bestätigten ihre Ahnung. Sie zeigten ihr das Leben in der magischen Welt wie überflutet vom Blut der Opfer, das Licht der Liebe der Finsternis des Hasses Platz machte. Wie die beiden das letzte bisschen Gute sterbend, mit jedem Schritt, den sie taten, zurückließen.

Malvadin wurde zu einer Welt des Schreckens, in der Dragon und die Frau an seiner Seite über alles herrschten.

Wusch schlug die Hände vor ihr Gesicht und brach weinend zusammen. Immer wieder stammelte sie: ,,Nein, nein.“

Zerza kniete vor ihr nieder und strich ihr beruhigend übers Haar. ,,Steh auf und sieh hin, mein Kind, es ist nur eine Vision, wie die Zukunft ohne deine Hilfe aussehen wird. Eine Gnadenfrist bleibt dir noch. Du kannst es abwenden, doch du musst es wollen.“

Aber Wusch wollte nicht hinschauen. Es war unerträglich für sie, weiter die Katastrophe mit anzusehen ohne eingreifen zu können. Verneinend schüttelte sie den Kopf.

Vorsichtig zog Zerza ihre Hände von ihrem Gesicht und hielt diese fest in seinen. Leise und sanft sprach er auf Wusch ein: „Bedecke deine Augen nicht. Es gibt keinen Grund dafür. Glaube mir, alles ist wieder genauso, wie es vorher war.“

 

Und als sie seinen Worten folgte, erspähte sie das Bild der Freude, des Glücks, jenes, das sie sah, bevor die Apokalypse ihren Verlauf genommen hatte. Die Sonne schien, die Vierblitzer grasten friedvoll, Lachen und Singen klangen fröhlich herüber.

Tödlicher Bestseller

1.  Der Beobachter

 

Der Sommer geht und der Herbst naht mit kleinen Schritten.

Ich liebe diese Nächte, sie sind einzigartig. Wenn die Sonne untergeht, spürst du, wie ein warmes Lüftchen weht, zart streichelt es dich, gibt dir Raum zum Atmen. Keine schwüle Hitze, die einen den Schweiß den Rücken herunterrinnen, aber auch keine Kälte, die dich frieren lässt. Es ist wunderbar hier in der Dunkelheit, auf dieser Bank. Perfekt um der Beobachter, der Späher zu sein. Alleine, nur die Sterne sehen mir zu, wie ich an diesen Platz verweile.

Der Tag fordert alles an Geduld von mir, das Licht und seine Helligkeit zu ertragen. Dabei wandern, egal was ich tue, meine Gedanken immer wieder zurück zu diesem Platz. Die Unruhe, wenn langsam die Dämmerung einsetzt, ist für mich kaum zu ertragen. Doch dann umhüllt mich der Mantel der Finsternis, und ich spüre ein Glücksgefühl, denn nun ist es soweit. Die Nacht und ich werden eins. Ich, als ihr Geschöpf, gehe, um meinen Auftrag zu erfüllen.

Jetzt ist der Moment gekommen, dass ich endlich zu ihr darf.

Seit Stunden sitze ich hier, schaue nach oben zu dem erleuchteten Fenster im zweiten Stock. Sehe die Frau, wie sie geschäftig hin- und herläuft. Manchmal bleibt sie stehen und schaut aus dem Fenster. Dabei erkenne ich, dass sie telefoniert und unablässig zu reden scheint. Ein Lächeln liegt auf ihrem Gesicht und sie sieht zufrieden aus. Auch ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Gleichzeitig schüttle ich leicht meinen Kopf. Wie naiv doch manche Menschen sind, sie genau wie all die anderen! Die Vorhänge geöffnet, geben sie jedes Detail ihrer kleinen, privaten Welt kund. Auf den Gedanken, dass dort unten jemand sein könnte, der genau diese kennenlernen möchte, um sie für sich zu nutzen, kommen sie nicht.

Natürlich gibt dies auch ihr die uneingeschränkte Sicht, den Blick frei auf das Geschehen auf der Straße. Aber selbst wenn sie sich anstrengte, sie könnte mich nicht entdecken. Die Straßenlampe neben mir ist schon seit ewigen Zeiten kaputt. Irgendjemand hat das Glas und die Glühbirne zerstört. In dieser Gegend macht sich niemand die Mühe, sie zu reparieren. Die nächste Lichtquelle ist weit genug entfernt, um nicht einmal einen Schimmer von Helligkeit auf mich zu werfen. 

»Lost in die City of Angels« – laut dröhnt die Musik von 30 Seconds to Mars in meinen Ohren. Ich brauche das, um zu vermeiden, von all den Geräuschen, die mich umgeben, abgelenkt zu werden. Ich kenne die Bedeutsamkeit, dass jedes Detail, das meine Augen entdecken, im Verstand gespeichert werden muss. Nur mit vollster Konzentration ist dies möglich. Störende Autogeräusche oder auch nur ein zu laut gestellter Fernseher lenken mich ab. Die Wellen der Musik hingegen untermalen das, was ich sehe.

Wenn es dort oben nichts zu entdecken gibt, lass ich meine Gedanken schweifen, sehe anderen Menschen in ihren Wohnungen zu, wie sie vor den Fernsehern sitzen. Ich denke darüber nach, was es wohl sein könnte, das heute ihrer Unterhaltung dient. Eine Serie wie »Criminal Minds« oder auch ein spannender Thriller? Immer wieder faszinierend für mich diese Treuherzigkeit derer, die sich Morde und die damit verbundenen Opfer und Täter anschauen. Sie sind gefangen in dem, was dort über den Bildschirm flimmert, aber sobald sie den An- und Aus-Knopf drücken, ist das, was sie gesehen haben, aus ihren Köpfen verschwunden. Sie gehen ihren normalen Leben nach und kämen nie auf die Idee, vielleicht selbst eines Tages zum Opfer zu werden.

Egal ob sie in der Dunkelheit alleine durch die Straßen radeln und jedem ohne Bedenken ihre Haustür öffnen. Sie ahnen nicht, dass der nette Handwerker, Postbote oder auch der nervige Nachbar, der sein könnte, der ihrem Leben ein Ende setzen will. Sie fühlen sich in Sicherheit, bis ihnen jemand, wie ich es bin, begegnet und die Erkenntnis, dass die Welt nicht nur aus guten Menschen besteht, für sie zu spät kommt. Auch ich liebe gute Thriller –Bücher, Filme oder Fernsehserien. Sie bleiben jedoch in meinem Kopf verankert. Für mich sind sie das beste Lehrmaterial, um Fehler zu vermeiden, die meinem Unterfangen ein Ende bereiten würden.

Beinahe hätte ich das Pärchen, das einige Schritte von mir entfernt auf dem Bürgersteig läuft, nicht bemerkt. Arm in Arm gehen sie dicht aneinander geschmiegt und halten immer wieder an, um sich zu küssen. Ein schöner Anblick, glücklich verliebte Menschen, selbst für mich. Allerdings habe ich nicht die Zeit, ihn zu genießen.

Mechanisch ziehe ich mir die Kapuze meines schwarzen Pullovers tiefer ins Gesicht. Auch wenn heute Nacht nichts passiert, ist es immer besser, dafür zu sorgen, dass niemand dein Gesicht sieht. Die Gefahr, dass er sich zu einem späteren Zeitpunkt daran erinnert, ist zu groß. Ich verstehe mein Handwerk und weiß, was ich zu tun habe, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Bei meinem, sagen wir mal, etwas ausgefallenem Hobby lernt man dies sehr schnell. Tarnung ist davon eines der wichtigsten Details, darum auch der schwarze Kapuzenpulli. Schwarz ist eine unauffällige Farbe, nicht so grell wie Gelb oder hell wie Weiß. Mit ihr verschwindest du am Tage in der Masse der Menschen, da fast jeder so etwas trägt. Und des Nachts verschmilzt du mit der Dunkelheit. Die Vorzüge der Kapuze habe ich ja bereits erläutert.

Das Pärchen zieht herumalbernd an mir vorbei und würdigt mich keines Blickes. Es ist wie immer, ich bin für sie nur ein langweiliger Schatten, den sie, sobald sie mich gesehen haben, sofort wieder vergessen. Genau so, wie ich es möchte.

Kurze Stille, dann beginnt das nächste Musikstück auf meiner Playlist: »Die Wölfe sind los« von Casper. Ich liebe dieses Lied, denn es spornt mich an. Genau das bin ich: Ein Wolf und ich will Blut sehen. Jedoch ein einsamer. Ein Rudel wäre nur hinderlich. Doch manchmal wünsche ich mir, es wäre anders. Eine Partnerin an meiner Seite, ähnlich wie Bonnie und Clyde, gemeinsam gegen die Langeweile kämpfen. Bisher ein Traum, so absurd und unrealistisch, dass ich kaum darauf zu hoffen wagte. Aber dann traf ich sie.

 

Immer noch geht die Person meines Begehrens in ihrer Wohnung auf und ab. Es muss etwas wirklich Aufregendes in ihrem Leben passiert sein, denn sie fuchtelt häufig mit einer Hand in der Luft herum. Ich freue mich für sie, denn Aufregung ist ein gutes Gefühl – Langeweile kann tödlich sein. Zwar nicht für mich, aber für andere, wenn sie mich überkommt. Die Frau dort hinter dem Fenster nahm mir sehr oft in den letzten Monaten meine Langeweile und ersetzte sie durch Spannung.

Bei unserem ersten Kontakt hätte ich niemals vermutet, dass so eine Person, nichtssagend und blass, dazu fähig wäre. Allerdings je öfter sie meine Wege kreuzte, umso mehr bemerkte ich ihre Veränderung. Waren ihre Schritte am Anfang auf dem Pflaster der Straße stolpernd und die Schultern vornüber gebeugt, läuft sie jetzt wie eine Königin. Aufrecht und stark, so als gehörte die Welt ihr allein.

Genau diese Frau knipst dort oben gerade das Licht in ihrer Wohnung aus.

Zu früh zum Schlafengehen, also rechne ich damit, dass sie noch fortgeht. Und richtig, nur Minuten später öffnet sich die Haustür und Christine tritt aus ihrer Wohnung. Nebenbei erwähnt – von der ich übrigens der Eigentümer bin. Ich kenne jedes Zimmer, jede Ecke und jedes Detail ihrer Einrichtung. Natürlich, denn ich bin ja der Besitzer. Aber alles, was meine Angebetete in den Räumen verändert hat, kenne ich ebenso. Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie zu betreten, wenn Christine nicht da war. Und manchmal, wenn sie schlief, besuchte ich sie auch.

Eilig läuft Christine die Straße runter, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich stehe auf, recke meine Glieder, um meinen Rücken zu dehnen. Allmählich merke ich doch, dass die Zeit an mir nagt. Mein bisheriges Leben hatte zu viele anstrengende Phasen.

Aber jetzt ist nicht der richtige Moment für Selbstmitleid.

Ich beeile mich, aufzubrechen, um ihr zu folgen.

Die Nacht der Entscheidung ist gekommen. Es gibt keinen Aufschub mehr. Ich muss Christine gegenübertreten, um die Richtige zu treffen. Doch bis dahin würden noch viele Stunden vergehen, das weiß ich bereits jetzt.

 

In allem, was sie tut, lässt sie sich Zeit. Ich rechne auch heute Nacht damit, dass es wieder so sein wird. Stunden, in denen ich die Chance habe, Erinnerungen an unsere gemeinsame Vergangenheit zum allerletzten Mal in meinen Verstand Revue passieren zu lassen. Alles noch einmal zu erleben, bevor das Ende da ist.

Verloren Im Leben

5. Kishara, heute

 

Stille. Angespannt wartete ich darauf, noch einen Laut zu hören. Ich atmete flach und versuchte, vollkommen ruhig zu sein. Vielleicht war dort oben jemand, der jeden Moment mein Gefängnis öffnen würde. Was war es, das ich geglaubt hatte zu hören? Waren es Schritte oder eine Stimme, die ich wahrgenommen hatte?  Es schien mir unmöglich, das Geräusch einzuordnen. Nur, dass da irgend­etwas gewesen war, das wusste ich. Ich öffnete meinen Mund, wollte um Hilfe rufen, doch der Versuch misslang, denn kein Ton kam über meine Lippen. Wie ein Blitz schoss der Gedanke durch meinen Kopf, es könnte der Entführer sein, und er war gekommen, um sein Werk zu vollenden. Die Angst schnürte mir die Kehle zu. Warum ich so reagierte, konnte ich mir selbst nicht erklären; logisch war das nicht. Denn die Person, die mich hier unten eingesperrt hatte, wusste doch sowieso, dass ich hier war. Aber mein ganzes Verhalten ließ sich nicht mehr mit der normalen Re­aktion eines Menschen vergleichen. War ich sonst jemand, der genau wusste, was er tat, verwandelte ich mich jetzt zu einem Häufchen Elend. Ich lernte ein mir unbekanntes Gefühl kennen – Schwäche! Und genau diese sorgte dafür, dass die Panik in der Ecke meines Verstandes kauerte und nur darauf wartete, mich erneut anzuspringen. Ich versuchte, mir selbst Mut zuzusprechen, und das, was mich daran hinderte, Stärke zu zeigen, nicht zu beachten. Es reichte gerade noch, dass zumindest ein leises Hallo aus meinem Mund kam. Zaghaft, kaum hörbar, fast wie ein Flüstern. Natürlich kam keine Reaktion; selbst wenn ein Mensch dort oben über mir wäre, so wäre es für ihn unmöglich gewesen, meinen Hilferuf zu hören. Erneut rief ich: „Hallo!'', diesmal um einiges lauter, doch auch jetzt öffnete sich keine Tür, kein Licht fiel in mein Verlies. Es kam keine Rettung, um mich hier rauszuholen. Ich bettelte, flehte und schrie immer wieder: „Hallo! Ist hier irgendjemand?! Bitte! Hilfe! Helft mir doch, ich bin hier unten eingesperrt! Hilfe!!!''. Immer lauter wurden meine Rufe, ohne dass ich eine Antwort erhielt. Mir war überhaupt nicht mehr bewusst, was ich tat. Es schien, als ob ich all meine Panik rausschreien wollte.

Irgendwann begriff ich, es hatte keinen Sinn; wer auch immer da oben gewesen war, war schon lange wieder fort. All mein Flehen half mir nicht, und ich würde weiter in meinem Käfig gefangen bleiben, allein.

Meine Stimme versagte, und wieder verfiel ich in einen Zustand der Resignation. Fast kam es mir so vor, als ob ich den Klang meines eigenen Zerbrechens hören konnte. Ich rollte mich auf die Seite und zog meine Knie ganz eng an meinen Körper. Wie ein kleines Kind umklammerte ich sie mit beiden Armen. Ohne dass ich es mitbekam, begann ich mich leise wimmernd hin und her zu wiegen. Statt stark zu sein, eine Lösung zu finden, überließ ich mich voll und ganz der Angst in mir. Sie flüsterte in meinem Verstand und malte Bilder, was werden würde, wenn mich niemals jemand hier finden würde. Wer war es, der mich hier wie ein Tier gefangen hielt? Ein Psychopath, ein Serienmörder, jemand, dem es Spaß machte, andere zu quälen? Würde er zurückkommen, um mich zu foltern? Ich hatte zu viele Filme gesehen, zu viele Bücher gelesen, deren Handlung genau meiner Situation entsprach. Eine Frau, die gefangen gehalten wurde – hilflos ihrem Peiniger ausgeliefert. Oh ja, ich hatte eine sehr ausgeprägte Fantasie. Konnte mir leibhaftig vorstellen, wie er mich schlug, vergewaltigte und immer wieder erniedrigte – nur so zu seinem Vergnügen. Und dann, wenn er genug von mir hatte, würde er mein Leben beenden. So furchtbar diese Vorstellung in meinem Kopf auch war, sie ließ sich noch steigern. Was wenn niemand mehr diesen Raum betrat? Jemand, der mich als Spielzeug für seine abartigen Vorlieben hielt, würde dafür sorgen, dass ich – solange er es auskosten wollte – am Leben blieb. Das bedeutete, er würde mir zu essen und zu trinken geben. Und vielleicht ergäbe sich dann irgendwann auch eine klitzekleine Chance für mich zu fliehen.

Doch wenn es nicht so war und ich hier eingesperrt blieb, einfach entsorgt wie ein Stück Müll, wie würde dann meine Zukunft hier unten aussehen? Kein Wasser, keine Nahrung und ohne Licht bedeutete, einen langsamen, qualvollen Tod zu sterben. Mein Schicksal wäre, vor Durst fast verrückt zu werden und zu spüren, wie mein Körper vor Hunger immer schwächer werden würde Hier im Dunkeln zu liegen und zu warten, dass alles endlich ein Ende hätte. Zu hoffen, dass der Tod mich holen kommt. Nicht einmal die Chance zu haben, meine Qual vorzeitig zu beenden. Es gab hier nichts, womit ich die Möglichkeit gehabt hätte, meinem Leben ein Ende zu setzen. Ich würde hier elendig in meinem eigenen Dreck verrecken.

Unruhig warf ich mich hin und her. Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Ich hatte das Gefühl zu ersticken, denn die Luft begann sich in meinen Lungen schal anzufühlen. Das Pochen in meinem Kopf hatte sich so verstärkt, dass es kaum noch zu ertragen war. Die Übelkeit stieg wieder in mir hoch. Diesmal war es mir unmöglich, sie zu bekämpfen. Ich begann zu würgen und erbrach das, was vielleicht meine letzte Mahlzeit für eine sehr lange Zeit gewesen sein würde.

 

 

 

 

 

Hexenschatten

Hexenmaske

Jeder im Dorf kannte sie. Für viele war sie eine Spinnerin, anderen schien sie einfach nur unheimlich. Beliebt war sie hier nicht. Eltern hielten ihre Kinder vor ihr fern und wichen ihr aus. Aber Gespräche über sie gab es jede Menge. Häufig sah man die Einwohner zusammenstehen und über sie tratschen. Statt ihren Namen zu nennen, wurde sie nur die Hexe genannt. Warum, das ließ sich leicht erklären, denn die Menschen hier waren „einfach gestrickt“. 

Eine Frau im Dorf trug Jeans mit einer Bluse; vielleicht noch eine zarte feine Kette und die Haare zusammengebunden. Aber sie trug ihre langen roten Haare offen. Trug nur schwarze Kleider. Ihr war Schmuck auffällig, ein Pentagramm hing ihr an einer langen Kette um den Hals – definitiv ein Hexenzeichen. All das sorgte dafür, dass das Gerede über sie nicht verstummte.

 Vorwerfen konnte man ihr nichts, freundlich war sie immer. Aber mehr als ein Lächeln, ein leises `Moin´ kam nicht über ihre Lippen. Geschweige, dass sie an irgendwelchen Festen im Dorf teilnahm. Ein Schwätzchen mit der Nachbarin halten gab es bei ihr nicht. Sie erzählte nie etwas von sich. Es war unmöglich etwas über sie zu erfahren.

Gut, die Dorfbewohner waren nicht immer fair zu ihr gewesen. Kinder hatten einmal Steine in ihre Fenster geschmissen und ihre Hauswand beschmiert. Doch ernst konnte das nicht genommen werden. Kinder spielten eben nun mal Streiche. Mehr war es doch nicht gewesen! Wirklich unverständlich war ihre Reaktion! Sie hatte nicht mit den Eltern geredet, geschimpft oder gar die Polizei informiert. Nichts dergleichen. Ohne ein Wort ließ sie die Scheiben auswechseln und die Kritzeleien entfernen. Ihr Verhalten war unheimlich, nicht normal!

Ihr Name war Emelie und sie hatte mit ihren fünfunddreißig Jahren mehr erlebt, als so manch anderer Mensch ertragen konnte. Das Leben hatte es nicht immer gut mit ihr gemeint. Sie hatte gelernt damit zu klarzukommen und versuchte nach vorne zu schauen.

Vor langer Zeit war sie ein fröhlicher Mensch, wie die anderen hier im Ort. Ihre Kleider waren bunt und sie liebte das Leben, mit allem, was es beinhaltete. Bei jedem Fest war sie die Letzte, die immer noch auf der Tanzfläche stand und sich der Musik hin gab. Sie hatte gerne und viel gelacht. Das Glück war ihr Dauergast. Immer hätte es so weiter gehen können, dann jedoch kam dieser eine Tag.

 

Dachte sie heute an ihr früheres Leben zurück, kam es ihr vor, als wären all ihre Erinnerung nur ein Trugbild - das ihr Gehirn ihr vorgaukelte. Das, was für sie heute Realität war, war die Erinnerung an den Abschiedskuss ihres Mannes, das Lachen ihrer Kinder. Ihre kleine Tochter, die rief: »Bis gleich, hab dich lieb Mama.«

Es sollte das Letzte sein, was sie von ihr hörte. Schemenhaft erinnerte sie sich an die Polizistin, die an der Haustür klingelte. Ihre Worte, einfach nur Bruchstücke. Unfall, der Unfallverursacher betrunken, alle tot ... es tut uns leid. An mehr erinnerte sie sich nicht. Sie brach weinend zusammen, genauso wie das Kartenhaus ihres Lebens.

Sie wollte nicht mitleidig angestarrt werden oder dass jemand hinter vorgehaltener Hand tuschelte. Auch Beileidswünsche ertrug sie nicht mehr. Ein Jahr nach dem Unfall war sie umgezogen. Weit fort von der Heimat, an einen Ort, wo sie niemand kannte.

Der Ort Ochtersum mitten in Ostfriesland gefiel ihr. Ein friedliches Dorf, in das sie sich zurückziehen konnte. Zuerst hatte sie noch Kontakt zu den anderen Einwohnern gesucht. Ein Lächeln, ein Hallo, zu mehr hatte es ihrerseits noch nicht gereicht. Sie war freundlich zu ihnen. Allerdings bemerkte sie sehr schnell, dass es sinnlos war. Sie sah die Blicke der anderen, wenn sie an ihnen vorbei ging. Sie sprachen Bände, Worte brauchten sie nicht. Warum sollte sie versuchen, akzeptiert zu werden? Wozu? Also zog sie sich immer mehr in ihre eigene traurige, trostlose und düstere Welt zurück. Der Glaube an ihre Religion und ihre Tiere wurde zu ihrem Lebensinhalt. Das alleine hielt sie davon ab, dieser Welt für immer den Rücken zu kehren.

In den letzten Wochen war die Abneigung gegenüber Emelie immer mehr zu spüren. Die Leute scheuten sich nicht mehr zu zeigen, was sie von ihr hielten. Waren es am Anfang nur Blicke und einzelne Worte gewesen, begannen nun die Kinder sie immer öfter quälen. Vor einigen Tagen hatte eine alte Frau ihr ›Hexe‹ hinterhergezischt. In der Nacht darauf hing eine tote Katze an ihren Zaun.

Es wurde immer schlimmer und Emelie merkte, dass die Zeit gekommen war, diesen Ort wieder zu verlassen. Ihre Ruhe fand sie hier nicht, schon gar nicht um glücklich zu werden. Gleich Morgen würde sie beginnen, sich um alles zu kümmern, um diesen Schritt zugehen. Heute Nacht jedoch war Vollmond. Sie liebte diese Nächte und das Licht des Mondes. Es waren die wenigen Stunden, die ihr Frieden und Ruhe brachten.

 

  Vollmond, eine super Nacht, um eine richtig tolle Party zu feiern, dachte sich Dieter. Der Sommer würde bald vorbei sein. Er hatte die Schule beendet und im August begann seine Lehre beim Bauern Ewald Lenz. Allein der Gedanke daran, wie seine Zukunft aussah, ließ ihn mürrisch dreinblicken. Das war nicht das, was er sich erträumt hatte. Seinen Zukunftswunsch, Friseur in Berlin mit eigenen Laden, behielt er lieber für sich. Er wusste, was von ihm erwartet wurde. Er war der einzige Sohn. In sechs Jahren würde sich sein Vater zur Ruhe setzen. Den Hof, seit Generationen im Besitz der Familie, sollte Dieter weiterführen, eine Landwirtstochter heiraten, Kinder zeugen, vor allem einen Stammhalter, seine Frau betrügen und nach Jahren der Langeweile die Augen für immer schließen. So war nun mal das Leben hier. Illusionen brauchte er sich keine machen. 

Das war die Zukunft, doch heute war jetzt und nun. Er würde feiern und hoffentlich die Nacht seines Lebens erleben. 

Der Mond strahlte hell und spendete optimales Licht für die Party. Schnell hatte diese ihren Höhepunkt erreicht. Alle Jugendlichen aus dem Dorf waren gekommen und der Alkohol floss in Strömen. Jeder von ihnen lachte und tanzte ausgelassen. Besser konnte es wirklich nicht laufen. Dieters Laune war so gut wie schon lange nicht mehr. Nicht zuletzt weil Marjam, sein großer Schwarm, zu der Feier gekommen war. Die kleine Blonde hatte es ihm wirklich angetan. Man war die sexy, die konnte jeden haben! Ja, es stimmte schon, sie war erst fünfzehn. Eigentlich bedeutete das, dass sie für ihn viel zu jung war. Aber wenn er sah, wie viel Alkohol sie trinken konnte; Wahnsinn, mehr wie ein alter Seebär. Den ganzen Abend über hatte er versucht, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Egal wie lustig er war und was für tolle Sprüche er von sich gab, sie ignorierte ihn vollkommen. Etwas Außergewöhnliches musste passieren. Irgendwas …

 

 

Schlüsselmomente der Besonderen Art

Das Geheimnis

Wie jedes Jahr ist es derselbe Ort und der gleiche Tag, an welchem ich an unserem Treffpunkt stehe und auf sie warte. Es ist mein Geburtstag, der zweiundzwanzigste März, und ich bin mir sicher, sie wird kommen. Nie verpasst sie diesen, für sie, besonderen Tag. Es ist ihr egal ob die Sonne scheint, es regnet oder sogar gewittert. Nichts hält sie davon ab, mich zu besuchen. Diese ganz besondere Frau, für die ich mehr als Liebe empfinde.

Heute ist sie allerdings spät dran. Wahrscheinlich muss sie länger arbeiten. Ich sehe sie vor mir, wie sie ihre Pflicht erfüllt. Zu niemandem sagt, was in ihr vorgeht. Die dunklen Gedanken, die das sonst stets vorhandene Lächeln auf ihrem Gesicht verschwinden lässt.

Sie will kein Mitleid, keine tröstenden Worte, welche am heutigen Tag wie leere Phrasen klingen für sie. Vielleicht werden sich ihre Arbeitskollegen über das Schweigen wundern, nachfragen, aber keine ehrliche Antwort erhalten. Aber ich weiß auch ohne Worte, was in ihr vorgeht. Ich höre ihre Gedanken. Sie muss sie nicht laut aussprechen, damit ich sie verstehe. Mir reicht das Herz, in welches ich schaue, sowie die Seele, in der ich ihre Gefühle lese. 

Meine Geduld wird endlich belohnt. Sie kommt! Ich entdecke ihr Auto, das jetzt auf dem Parkplatz, ganz in meiner Nähe, anhält. Sehe, wie sie aus dem Wagen steigt und den schmalen sandigen Weg, welcher zu unserem Treffpunkt führt, hochläuft. Heimlich beobachte ich jeden ihrer Schritte, ohne dass sie mich sieht. Wie gerne würde ich aus meinem Versteck hervortreten und mich in meiner wahren Gestalt zeigen. Doch damit würde ich eine Regel brechen. Denn es ist mir verboten. So schwer es mir fällt, halte ich mich an die Vorschrift. Es hat ja einen Grund, dass sie für jemanden wie mich besteht. Dennoch habe ich Sehnsucht nach der Nähe ihres Körpers. Wünschte mir, den Kopf an ihre Brust zu legen und das Herz schlagen zu hören. Der zärtlichen, liebkosenden Stimme zu lauschen und fröhlich mit ihr zu lachen. Ein Wunsch, der vorerst unerfüllt bleiben wird.

Langsam kommt sie näher und neugierig mustere ich ihre Erscheinung. Freue mich über die Veränderungen seit dem letzten Besuch. Für Fremde kaum sichtbar, sind sie umso bedeutender für mich. Die langen Haare, die Kleidung und auch das Make-up sind wie immer in tiefstem Schwarz. Es ist ihre Farbe, ein Schutz, eine Rebellion gegen das Anpassen an die Gesellschaft. Wenn sie bunte Farben trägt, fühlt es sich für sie wie eine Verkleidung an. Ein Kostüm, eine Maske, die sie lange aufsetzte, weil jemand anders es so wollte. Heute ist sie ganz sie selbst und passt sich niemandem an. Sie weiß, dass sie das viel zu lange getan hat. Das Schwarz ist nebensächlich für mich. Ich sehe die wertvollen Fortschritte. Die aufrechte Haltung und der befreite Gesichtsausdruck die zeigen, dass die alten Wunden langsam heilen.

Noch vor wenigen Jahren hielt sie den Rücken gebeugt, so, als ob sie eine schwere Last mit sich herumträgt. Tiefe Schatten lagen unter ihren Augen und das Lächeln wirkte aufgesetzt und verkrampft. Ja, so kannte ich sie. Jetzt scheint das endlich vorbei zu sein.

Aber die Traurigkeit in ihren Augen ist geblieben. Auch die Sorgenfalten, eingegraben in ihrem Gesicht, scheinen unwiderruflich. Tiefe Linien gezeichnet von einem gebrochenen Herz. Jedoch gesellten sich zu diesen im Laufe der Zeit kleine Lachfältchen, die mir zeigen, dass ich damals alles richtig machte. Dass die einst von mir gefällte schwere Entscheidung, ihr Leben zum Guten veränderte.

Nur wenige Meter von mir entfernt zögert sie. Sie bleibt stehen und ich befürchte, dass sie heute umdreht. Vor mir und den eigenen Gefühlen fortläuft. Doch dann geht sie entschlossen weiter, bis sie das Ziel erreicht. Dort angekommen kniet sie auf den Boden nieder. Ich entdecke Tränen, die über ihre Wangen laufen. Ein leises Schluchzen ist aus ihrem Mund zu hören. Rasch senkt sie den Kopf, verbirgt die Perlen der Seele hinter den langen Haaren, welche das Gesicht wie ein Schleier verbergen. Sie will keine neugierigen Blicke. Niemand Fremdem den Schmerz zeigen. Er gehört nur uns beiden. Nur mir allein macht sie das Geschenk, ihn zu zulassen. Doch eigentlich möchte ich dieses Präsent nicht. Ich würde lieber ein glückliches Lachen sehen. Und dennoch weiß ich die Ehrlichkeit mir gegenüber zu schätzen. Es ist ein Beweis ihres Vertrauens. Etwas, was sie nur wenigen Menschen schenkt.

Mein Blick wendet sich ab von ihrem Gesicht und ich sehe, dass sie es wieder dabei hat. Wie jedes Jahr an diesem Tag, trägt sie es in der Hand. Das Herz, liebevoll mit grünen Efeublättern gesteckt und in der Mitte prangt leuchtend eine große gelbe Sonnenblume. Niemals würde sie es in irgendeinem Blumenladen kaufen. Sie macht es lieber selber und ganz speziell für mich. Es ist ein Ritual. Eines, das nur sie allein vollziehen kann. In jeden Handgriff legt sie ihre Gedanken und Gefühle. Diese sind wie besondere Zutaten, die den einzelnen grünen Blättern zugefügt, alles erst perfekt machen.

Eine ungewöhnliche Zusammenstellung von Blumen und Beiwerk für das Symbol der Liebe. Normalerweise nimmt ein Florist für ein Herz rote Rosen. Vielleicht etwas Pistaziengrün und ein wenig Schleierkraut. Aber nur einfache grüne Efeublätter und dann auch noch eine viel zu große Sonnenblume? Kein wirklich schöner Anblick! Aber ich kenne den sich dahinter verbergenden Gedanken, der sie das Herz genauso anfertigen lässt. Für sie und mich haben diese Blätter und auch die Blume in der Mitte eine Symbolik. Eine besondere Bedeutung, die nur jemand versteht, der unsere Geschichte kennt.

Nicht einmal sie ahnt die komplette Wahrheit, als sie jetzt das Herz auf den Boden legt. Nur ein kleiner unwesentlicher Teil ist ihr bekannt. Es sind einerseits die in ihrem Kopf verankerten schönen Erlebnisse, die sie wie in einer Schatzkiste aufbewahrt. Die sie öffnet, herausholt und anschaut, wenn es ihr schlecht geht. Andererseits gibt es auch die traurigen Momente, die sie versucht, wegzusperren. Aber sie brechen immer wieder aus dem von ihr für sie errichteten Gefängnis aus. Unkontrolliert übernehmen sie ihren Verstand und quälen sie. Füllen ihn mit einem unerträglichen Schmerz aus, gegen den sie machtlos ist. Dabei würde er für immer verschwinden, wenn es mir erlaubt wäre, ihr das Geheimnis zu verraten. Wie ich den Tag herbeisehne, an dem ich ihr erzähle, wer und was ich bin. Warum ich eine Weile ihr Leben begleitete und als ich mir ihrer Liebe sicher war, es wieder verließ. Sie glauben machte, ich wäre für immer fort ohne, dass sie wusste, dass ich ihr wie ein Schatten folgte. Dieser Moment liegt in weiter Ferne. Aber es wird ihn geben und ich freue mich auf den Augenblick, wenn er gekommen ist. Doch bis dahin darf ich es wenigstens euch verraten, indem ich jetzt die Wahrheit erzähle. In der Hoffnung und dem Glauben, ihr könnt es für euch behalten. Ich vertraue auf euer Wort und darauf, dass ihr nichts verratet, wenn diese ganz besondere Frau euch eines Tages begegnet!

Der Moment, als ich in ihr Leben trat, ist eine halbe Ewigkeit her. So jedenfalls kommt es mir heute vor. Damals begegnete ich einer vollkommen anderen Frau, als die, die ihr heute kennt. Wäre sie euch über den Weg gelaufen, höchstwahrscheinlich hättet ihr sie nicht einmal bemerkt. Aber wenn doch, bestenfalls Mitleid mit der traurigen Gestalt empfunden. Eine junge Frau, die durch Kummer und Sorgen viel zu schnell alterte.  Enttäuschungen und Angst zerrten an dem Körper und sogen jegliche Lebensfreude aus ihrer Seele. Sie versuchte krampfhaft zu verbergen, wie schlecht es ihr in Wirklichkeit ging. Sie lächelte. Aber mit jedem weiteren Tag, den sie erlebte, fiel es ihr immer schwerer. Man sah es ihr an und niemand hätte vermuten können, dass sich hinter dem angstvollen Blick, das heutige strahlende Lächeln versteckte.

Unser Aufeinandertreffen löste zuerst eine Abwehrreaktion aus. Ein ungewollter Gast, der sich ohne zu fragen, in ihrem Leben Zutritt verschaffte. Es jagte ihr Angst ein, dass es mich gab. Dass ich sie bald auf Schritt und Tritt begleitete. Sie suchte nach einem Fluchtweg, mir zu entkommen. Aber ich ließ ihr keine Wahl. Ich wollte an ihrer Seite sein, ihr meine Liebe geben. Und ich setzte meinen Willen durch. In dem Moment, als sie meinen Körper das erste Mal spürte, sich seiner Existenz bewusst war, gab sie mir die Erlaubnis zu bleiben. Mehr noch, sie verliebte sich in mich!

Es fällt mir schwer die Frau, von welcher ich euch grade erzähle, zu beschreiben. Aber eines wusste ich damals sowie heute mit Sicherheit: sie brauchte meine Hilfe. Nach außen schien alles in Ordnung zu sein. Keiner schaute hinter die Fassade, dem Theaterstück, welches sie der Umwelt meisterhaft vorspielte. Die Welt einer heilen Familie, welche kaum kaputter hätte sein können. Ein Mann, der Vater ihrer Töchter, welcher sie seine Ehefrau nannte, hatte einst versprochen, sie für immer zu lieben. Gut zu ihr zu sein, sie liebevoll zu behandeln. Und sie hatte ihm ihr Vertrauen geschenkt. Aber die Wirklichkeit sah anders aus. Nach einer sehr kurzen glücklichen gemeinsamen Zeit begann er, sie zu benutzen. Seine Lügen schlichen sich in ihr Leben und vergifteten es mit dem Bösen, das er in sich trug. Das Schlechte, das ihm half, in ihr den perfekten Sündenbock für sein eigenes Versagen zu finden. Er fand in ihr jemanden, der blind vor Liebe, die Zerstörung der eigenen Persönlichkeit zuließ. Dieser Mann misshandelte sie körperlich wie auch seelisch und es bereitete ihm Freude. Stück für Stück nahm er ihr das Selbstbewusstsein und ersetzte es durch Selbstzweifel. Seine Worte ließen sie glauben, wertlos zu sein. Ein Nichts, ein Niemand, dem keiner Aufmerksamkeit zu schenkten brauchte. Sie schämte sich für jeden blauen Fleck und für die Schreie, die ihre Kinder nachts mit anhörten. Sie behielt es als ein schmutziges Geheimnis für sich und bat niemanden um Hilfe. Aber wen hätte sie denn auch bitten sollen? Es gab keine Freunde mehr, seit er in ihr Leben trat.

Dabei war sie doch früher beliebt gewesen und niemals einsam. Sie hatte immer alles ausgesprochen. Die Menschen schätzten sie als einen ehrlichen Menschen, sowohl anderen wie auch gegenüber sich selbst. Er aber lehrte sie mit seiner Gewalt den Mund zu halten, zu lächeln, wenn sie doch eigentlich weinen wollte.

Lange schaute ich zu, war ich doch selber schwach und hilflos. Neu in dieser Welt beherrschte ich ja nicht einmal die Sprache. Ich bemühte mich, die richtigen Worte mit dem Mund zu formen, sie verständlich auszusprechen, aber es misslang mir. Sie wollten einfach nicht über meine Lippen kommen. Jedoch brachten meine verzweifelten Versuche die Frau zum Lächeln. Eine der wenigen Augenblicke, in denen wir beide gemeinsam fröhlich waren.

Nach den anfänglichen Bedenken was sein würde, wenn ich bei ihnen lebte, genossen auch ihre beiden Töchter meine Anwesenheit. Die Mädchen übten das Sprechen mit mir und waren begeistert über ihre Erfolge. Als ich die ersten Worte richtig aussprach, freuten sie sich. Der Stolz auf mich verdrängte für einen Moment das Leben, welches aus Sorgen um die Mutter bestand. Eine Mutter, schwach und hilflos, die zuließ, dass der Vater ihnen die Kindheit raubte.

 

Manchmal zauberte ich kostbare Augenblicke herbei, mit denen ich uns alle für einige Stunden von ihm befreite. Uns das Gefühl gab, ein völlig normales Leben, wie alle anderen Familien, zu haben. Es war jedes Mal ein schwerer Kampf aus dem Gefängnis, das uns umgab, auszubrechen. Still und heimlich, wenn er fort war oder schlief, schlich sie mit uns davon. 

Das waren Nachmittage, an welchen wir wie befreit auf den grünen Wiesen herumtollten. Wir in dem hohen Gras lagen und nach oben schauten. Die Wolken betrachteten und zusahen, wie sie Tiere und Fabelwesen in den Himmel malten. 

Oder im Wald spazieren gingen und mit den Füßen die Blätter vom Boden aufwirbelten. Wie junge Fohlen tobten wir herum und vergaßen dabei, wer und was uns zuhause erwartete. Mich faszinierten am meisten die Farben der Natur. Das saftige Grün der Blätter des Efeus. Wie gerne berührte ich ihre Oberfläche. Glatt, manchmal rau oder samtig, liebte ich es, mit meinen Fingern über das Laub zu streichen. All das kostete nicht einen Cent. Aber für uns war es weitaus mehr wert, als aller Reichtum der Erde.

Es gibt einen unvergesslichen Tag für mich. Ein besonderes Erlebnis, für das ich ihr heute noch dankbar bin. Es war eine Überraschung, welche sie an meinem Geburtstag für mich vorbereitet hatte.

Sie hatte uns einen Picknickkorb gepackt und mit dem Bus fuhren wir hinaus aufs Land. Nur sie und ich! Niemand anderes begleitete uns auf unserem Ausflug. Von der Haltestelle bis zum Ziel dauerte es nicht lange, bis ich es entdeckte: das große bepflanzte Feld, bestehend aus riesigen leuchtenden Sonnenblumen. Wie ein Wunderland, welches ich betrat, kam es mir vor. Umgeben von Schönheit und Kraft wanderten wir zwischen den Blumen umher. Mitten in dem Feld stoppten wir unseren Spaziergang.

 Sie breitete eine Decke auf dem Boden aus, nahm einen kleinen Kuchen mit einer Kerze und Efeublättern aus dem Korb. Den Kuchen stellte sie auf den Boden vor mich und aus den Blättern legte sie ein Herz um ihn herum. Nachdem wir uns hingesetzt hatten, zündete sie die Kerze an und ergriff meine Hand. Ganz fest hielt sie diese in ihrer und schaute mir dabei in die Augen. Leise begann sie zu sprechen und auch heute noch höre ich ihre Worte:

„Wenn irgendwann die Sonne nicht mehr in deinem Leben zu scheinen vermag, dann nehme eine Sonnenblume und schaue sie an. Egal, wie traurig du bist, mit ihrem Leuchten bringt sie die Wärme einer Sonne in dein Herz zurück. Für mich bist du wie diese Sonnenblume. Du bringst mit deinem Strahlen das Glück in mein Leben zurück. Und wenn sich auch eines Tages, unsere Wege trennen, so werde ich immer, wenn ich eine Sonnenblume sehe, an dich denken!“

Wie oft mir diese Worte Trost spendeten! Selbst dann noch, nachdem ihre Stimme zu einem Teil meiner Erinnerung wurde. Ich öffne die Schatztruhe in meinem Kopf, sehe die Sonnenblumen vor mir und bin wieder mit ihr dort, an diesen Ort des gemeinsamen Glücks. Diese Bilder bringen mich zum Lächeln, wärmen mich, wie es sonst nichts anderes vermag.

   Sie zahlte den Preis für das Geschenk, das sie mir an diesem Tag machte. Er hatte auf uns gewartet und konnte es nicht ertragen, sie lächeln zu sehen. Er wollte ihre Tränen besitzen und tat alles, um sie zu bekommen. Ihre Seele zerbrach und ihr Wille ebenso. Natürlich wusste sie, dass er sie schlecht behandelte. Es besser für sie wäre, sich von ihm zu trennen. Aber meine Existenz hielt sie zurück. Der Gedanke, allein mit mir und ihren Töchtern neu anzufangen, ängstigte sie mehr als der Schmerz, den er ihr zufügte.

Nachts eskalierte die Situation. Er hörte nicht auf, sie zu schlagen. Selbst als sie blutend am Boden lag, trommelten seine Fäuste weiter auf sie ein. Dass sie es überlebte war ein Wunder und ich musste schleunigst etwas gegen ihn unternehmen. So traf ich die Entscheidung fortzugehen, sie zu verlassen.  Ich wusste, manchmal ist es der Schmerz des Verlustes, der zwar zuerst schwächt, aber auch etwas in uns wieder zu neuem Leben erwecken kann. Eine nie vermutete Stärke hervorruft, die uns antreibt aufzustehen und zu kämpfen.

Es gab keine Vorwarnungen für meinen Abschied. Ich kündigte ihn nicht an. An einem ruhigen Sonntag beschloss ich, dass die Zeit gekommen war. Ohne ihr auf Wiedersehen zu sagen, ging ich fort. Ließ sie weinend und mit dem Wissen, dass sie mich nie wiedersehen würde, zurück.

Der Schmerz mich niemals mehr in den Armen zu halten, nie wieder meine Stimme zu hören, ließ sie zusammenbrechen. Schreiend, unter Tränen flehend, dass es nicht sein konnte und durfte. Ich zurückkommen sollte.

Dabei war ich nicht wirklich fort. Ich beobachtete sie. Es zerbrach mir das Herz, sie so leiden zu sehen. Ihre Trauer mit zu erleben und nichts dagegen tun zu können. Lange Zeit erschien es mir sogar, als ob ich die falsche Wahl getroffen hatte. Statt besser wurde es schlimmer. Sie baute eine Mauer des Schweigens um sich. Vergrub sich in die Traurigkeit und als sie beschloss, mir zu folgen, griff ich ein. Ich musste sie lenken und auf den richtigen Weg führen. Kein einfaches Unterfangen, musste ich doch aus dem Verborgenen heraus handeln.

Eines Abends begann ich ihr Worte zu zuflüstern. Kroch in ihre Gedanken und manipulierte sie. Sie ahnte nicht, dass ich die flüsternde warnende Stimme in ihrem Kopf war, die ihr mit grausamen Worten zuraunten, dass sie das Leben ihrer Kinder zerstörte. Ich malte Bilder mit dunklen Farben in ihren Verstand, die die Hoffnungslosigkeit der Zukunft der beiden Mädchen zeigten. Wie er sie und ihre Träume zerstörte, wenn sie bei ihm blieb. Schonungslos zeigte ich jedes einzelne Jahr des Lebens ihrer Kinder. Das Zerbrechen und das Sterben ihrer Seelen. Natürlich spürte ich die Angst, ihr Zaudern. Doch etwas veränderte sich tief in ihr drin. Als sie das Lied von R. Kellys »I beleave, I can fly« im Radio hörte, hörte sie aufmerksam zu. Und mit jedem Vers, den er sang, fand sie sich selbst in dem Text wieder. Es kam ihr vor, als ob das Lied für sie geschrieben wurde. Der Glaube, die Tür des Gefängnisses zu öffnen, fortzufliegen und endlich frei zu sein, manifestierte sich in ihrem Herzen und vertrieb die Schwäche. Ihre Kraft, der Kampfgeist erwachte. Sie verstand endlich, dass es nicht schlimmer werden konnte, würde sie ein neues Leben beginnen. Und dass sie, wenn sie nicht endlich den Mut fasste, ihn zu verlassen, alles, was sie liebte, verlor. Endlich wachte sie auf und sie plante mit meiner Unterstützung ein neues Leben.

Erst waren es nur kleine Schritte, die sie tat. Doch aus ihnen wurden größere. Sie wusste, sie musste schlau sein, um von ihm fort zu kommen. Er würde sie nicht so einfach gehen lassen. Aber ich nahm sie an die Hand und führte sie auf den Weg in die Freiheit. Meine Ideen, die sie für die eigenen hielt, verbannten das Böse aus ihrem Leben! Sie gewann den Kampf gegen ihn. 

Aus ihr und ihren beiden Mädchen wurde eine Familie, die das Leben wieder willkommen hieß. Um das Glück vollkommen zu machen, brachte ich ihr die Liebe zurück. Einen Mann, der dafür sorgt, dass sie wieder vertraute. Der gemeinsam mit mir die kleine Familie beschützt und glücklich macht. Jemand, der sie so liebt, wie ich es einst tat!

Ja, sie ist glücklich. Meistens jedenfalls. Aber es gibt Tage, wie der Heutige, an denen der Schmerz sie wieder erfasst. Die Pflaster sich von ihren alten Wunden lösen und die Erinnerungen neu aufleben lässt.

Dass ich fortging, auf eine Reise, bei der sie mich nicht begleiten konnte, dafür gibt sie sich die Schuld. Und sie hasst sich für ihre damalige Schwäche und Hilflosigkeit. Sie vermisst mich und ihr einziger Wunsch ist, dass ich wieder bei ihr bin. Dabei war es unser gemeinsames Schicksal, dass es geschehen ließ. Sie trägt keine Schuld, es musste so kommen. Ich war bei ihr, um sie zu retten. Allein das war meine Aufgabe.

Wie gerne würde ich ihr heute sagen, dass sie nicht traurig sein muss. Ich bin doch immer noch bei ihr. Dass sie mich hier, an dem Ort, an dem sie das Herz auf die Erde legt, nicht besuchen braucht. Denn ich verweile nicht hier. Es ist nur unser Treffpunkt und nicht mein Zuhause. Ich lebe jedes Mal aufs Neue, wenn sie über mich spricht oder an mich denkt. Dass, was sie für den Wind, welcher durch ihre Haare streicht hält, meine Hand ist, die sie streichelt. Wenn sie schläft, begleite ich sie in ihren Träumen und auch dort bin ich ihr nahe. Augenblicke, in denen ich sie besuche und mich ihr zeigen darf.

 Ich weiß eines Tages werde ich ihr alles erklären dürfen. Ihr, wie euch, mein Geheimnis verraten. An diesem Tag werde ich wieder die sein, die sie einst glaubte, verloren zu haben.

Ich werde zu ihr gehen, sie an die Hand nehmen und gemeinsam werden wir die Welt betreten, in der ich jetzt existiere. Wir werden über ein Sonnenblumenfeld laufen, grüne Blätter aufsammeln und glücklich sein. Sie wird endlich verstehen, warum ich tat, was ich tun musste. Und ich werde endlich die vier Worte aussprechen. Worte, die ich ihr niemals sagen konnte und die sie sich so wünschte zu hören.

Ich werde sie in die Arme nehmen und sagen »Ich hab dich lieb, Mami«

Denn ich bin der Engel, der sie beschützt. Doch ich bin auch ihre Tochter, die mit zwei Jahren verstarb.

In Erinnerung an meine Tochter Coralita.